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Reisebericht Weinreise Südafrika

14. bis 28. Januar | Mit Weinkenner Toni Ottiger unterwegs

Die Faszination für Südafrika liegt in der Schönheit der Landschaften, in ihrer wechselvollen Geschichte und im aufstrebenden Weinbau der Kapregion. Fünfzehn Personen brachen auf zur Reise ans Kap unter dem Titel «Kulinarischer Genuss und guter Wein», ergänzt mit der Aussicht auf die «Big Five». 

08. Juli 2024

Der Start in die südliche Hemisphäre ist uns leichtgefallen, denn wir sind nach einem Nachtflug direkt im Hochsommer des Südens angekommen, und dies ohne lästige Zeitverschiebung; eine Stunde fällt da kaum ins Gewicht.

Unsere erste Destination liegt auf dem Tafelberg, um eine Übersicht über die Umgebung zu gewinnen. Dank klarem Wetter gelingt dies, und von unserem gut informierten Reiseführer vor Ort – Walter Bösch – erfahren wir, dass die Flora am Tafelberg äusserst vielfältig ist.

Ein Stadtrundgang durch Kapstadt ist ein Rundgang durch die Geschichte, und wir kommen auf dem Weg an Company’s Garden vorbei, wo Jan van Riebeek vor 350 Jahren die ersten Reben als Versuch angepflanzt hatte. Diese Steilvorlage hat dann der erste kap-holländische Gouverneur, Simon van der Stel, aufgenommen und im grossen Stil Land am Tafelberg urbar gemacht und Wein angebaut. Er war der Gründer von Groot Constantia, aber auch der heutigen Weinhauptstadt Stellenbosch. 

In der genannten Region besuchen wir das wunderschön gelegene Weingut Klein-Constantia, welches den ersten Süsswein der Region produzierte und damit heute noch weltbekannt ist. Der «Vin de Constance» war nicht nur der Lieblingswein der französischen Könige, auch Napoleon hat ihn gern genossen, und wer ihn probieren kann, fühlt sich auch heute noch genauso königlich. 

Der Ausflug zum Kap der Guten Hoffnung, der Besuch des grossartigen Botanischen Gartens «Kirstenbosch», die Fahrt auf der kitzligen Chapmans Peak Drive oder die niedlichen Pinguine bei Simonstown machen uns alle gluschtig auf mehr.

Zum Beispiel ein Besuch auf dem Weingut Constantia Glen, welches nebst den gebietstypischen Weissweinen auch mit grossartigen Rotweinen aufwarten kann und im Tastingroom und im Restaurant eine Willkommenskultur erster Güte zelebriert.

Oder auf ein Fine Dining im «La Colombe» hoch über den Weinbergen. Das delikate Menü sowie die dazu ausgewählten Weintrouvaillen haben keine Wünsche offen gelassen.

Da wir in Kapstadt nahe dem Hafen logierten, konnten wir jede abendliche Gelegenheit nutzen, um an dem Treiben in diesem Hotspot teilzunehmen.

Nun sind wir uns schon am 5. Tag angelangt und wir besuchen auf der Reise nach Hermanus das im Jahr 1700 gegründete «Vergelegen». Die Rebanlagen, der moderne Keller und ein gediegenes Restaurant liegen im Fokus unseres Besuches. Wir werden aber nicht nur mit Weinen von Weltformat in Staunen versetzt, auch die historischen Gärten und Parkanlagen, das Herrenhaus in kap-holländischem Stil und die denkmalgeschützten Kampferbäume sprechen all unsere Sinne an. Grossartig, das muss man gesehen haben. Dies gilt auch für viele wichtige Leute dieser Welt, die bereits hier waren.

Das hübsche Hermanus lädt zu einem längeren Aufenthalt ein, es ist sehr schmuck und aufgeräumt an der wilden Küste des Südatlantiks gelegen. Für die Sichtung der regelmässig hier erscheinenden Wale ist allerdings im Oktober Saison. Da wir aber das Weinbaugebiet Walker Bay im Fokus haben, besuchen wir die Region kurz vor der Ernte. Im lieblichen Tal «Hemel an Aarde», welches im rechten Winkel von der Küste in die Hügel führt, lassen wir uns die Spitzenweine zweier Weingüter über die Zunge fliessen. Wegen der kühlenden Winde vom Meer her können hier hochstehende, frische und komplexe Chardonnays und Sauvignon Blancs genauso gut wie der Pinot Noir gelingen, welcher hier vorherrscht. Ja, Pinot Noir in Südafrika, und weltmännisch kommt er daher, mit Frische und guter Struktur, eben burgundisch. Der Önologe auf «Bouchard-Finlayson», Chris Albrecht, bietet uns eine Vertikal-Degustation ihres Topweines «Galpin Peak» an, mit den Jahrgängen 2018, 2016, 2012, 2005, 1998. Die Verkostung hat den Beweis erbracht, dass diese Pinots hervorragend reifen können und mit 20 Jahren die grösste Freude bereiten.

Nun zum Weingut «Creation» auf dem höchsten Punkt des Tals gelegen, am Fuss des Babylonstoren, auf rund 350 m.ü.M. Hier, wie im ganzen Hemel-an-Aarde, profitieren die Reben von den grossen Temperaturunterschieden von etwa 15° Grad zwischen Tag und Nacht und von sehr mineralreichen Quarzit-, Granit-, Schiefer- und Tonböden. Ideale Bedingungen für hochwertige Chardonnays und Pinot Noirs.

Der Schweizer Jean-Claude Martin und seine südafrikanische Frau Carolyn haben in 20 Jahren Aufbauarbeit ein Weingut geschaffen, welches bereits zu den besten der Welt zählt und dessen Weine von Weinkritikern und Sommeliers hoch gelobt werden. Wichtiger ist indessen die Akzeptanz bei den Kunden. Diese ist gegeben, nicht ohne Grund fliegen die Weine in der First Class und werden in über 40 Länder exportiert. Kein Wunder, denn JC Martin versteht sein Handwerk im Rebberg und im Keller wie kein Zweiter, und seine Frau beherrscht die Kundenbetreuung vor Ort und online. Wir fühlen uns wohl auf dem Weingut, wir essen vorzüglich, und die Kellner und Sommeliers, welche eine professionelle Ausbildung auf dem Weingut geniessen, tragen uns auf Händen.

Schwierig, Abschied zu nehmen. Immerhin können wir anschliessend auch in Stellenbosch grossartige Gastfreundschaft geniessen und fühlen uns sehr wohl auf dem Weingut und im Hotel Lanzerac. Von dort aus führen uns Ausflüge nach Franschhoeck, zum Weingut Tokara und zum renommiertesten Weingut Südafrikas, zu Mullineux. Mullineux bietet Lagenweine aus der Weinregion Swartland auf der Basis von Chenin Blanc und Syrah an.

Selbstverständlich darf ein Besuch bei KWV, der traditionsreichen Genossenschaftskellerei, nicht fehlen. Obwohl inzwischen eine AG und in der Hand einer der grössten Getränkefirmen der Welt, hat KWV ein repräsentatives Weinportfolio, und wir haben auch die berühmten Brandys nicht ausgelassen. Zum Abschluss statteten wir der Kyburg Winery einen Besuch ab, wo Fred und Rosmarie Rust ihren Lebenstraum von einem Weingut verwirklicht haben. Altershalber treten die beiden etwas kürzer und machen neuen Kräften Platz. Wir erfahren von Fred, dass wir die letzte Gruppe von Weinliebhabern sind, welche sie auf Kyburg empfangen. Ich wünsche Rosmarie und Fred an dieser Stelle gute Gesundheit und weiterhin viel Freude im lieblichen Devon Valley.

Wie versprochen, kam auch die Kulinarik in Verbindung mit dem Wein nie zu kurz. Ein besonderer Eindruck hat uns Glenelly Estate hinterlassen, wo May de Lencquesaing, die ehemalige Besitzerin des berühmten Bordeaux-Weingutes Pichon Longueville Comtesse de Lalande, mit 78 Jahren einen Neuanfang wagte. Ihr Spitzenwein Lady May, ein Bordeaux-Blend, war wohl die Krönung all unserer genossenen Weine.

Die zweite Woche ist der grossartigen Landschaft Südafrikas gewidmet. Ausgangspunkt ist Graskop, von wo aus wir die spektakulären God’s Windows, die Bourk’s Luck Potholes und den Blyde River Canyon besuchen.

Anschliessend geben wir uns drei Tage der Wildnis hin mit mehreren aufregenden Pirschfahrten im Wildreservat Kapama. Wir sehen sie alle, die Big Five und mehr.

Zum Schluss unserer Reise fahren wir durch die weiten Gebirge und Hochebenen bis nach Johannesburg. In Joho ist die geführte Tour durch Soweto mit Besuchen wichtiger Stätten eine eindrückliche Geschichtslektion über die Zeit der Apartheit. Leider ist noch nicht alles wie es sein sollte, die Unterschiede zwischen den sozialen Schichten sind immer noch immens. Es gibt jedoch an verschiedenen Fronten Verbesserungen, so in der Bildung, im Gesundheitswesen und einer leichten Erstarkung der Wirtschaft. 

Wir duften die aufstrebende Weinwirtschaft in der Kapregion vertieft erleben, und dank der Begleitung durch Walter Bösch haben wir viel erfahren über die Landwirtschaft, die Politik, die Geschichte des Landes sowie über die Flora und Fauna in den ausgedehnten, unberührten Gebieten in den Bergen und im Osten des Landes.

Ein herzlicher Dank gebührt auch dem Team von Twerenbold, vorab Marina Dietrich, für die gute Organisation der Reise.

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